Das beste Beispiel für unseren unerschütterlichen Optimismus ist die Tatsache, dass immer noch so viele Menschen heiraten: "Bis dass der Tod uns scheidet". Und das, obwohl etwa jede zweite Ehe wieder geschieden wird. Wenn man in Studien frisch verheiratete Paare fragt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass auch ihre Ehe scheitert, sagen sie immer noch: null Prozent! Und so geht es uns überall: Wir überschätzen die Wahrscheinlichkeit, dass uns etwas Positives widerfährt, und unterschätzen gleichzeitig die Möglichkeit, dass uns etwas Negatives wie Krankheit, Verlust oder Trennung widerfährt. Aber das ist auch gut so: Menschen, die die Zukunft nicht optimistisch verzerrt sehen, echte Pessimisten, erkranken eher an einer Depression! Da ist es doch erstaunlich, dass wir umgekehrt zu Pessimisten werden, wenn wir auf unsere Gesellschaft schauen. Die Mehrheit der Menschen in Europa sieht die Zukunft ihres Landes eher pessimistisch! Obwohl sie ihre eigene Zukunft eher optimistisch sehen. Und auch anderswo begegnet uns immer wieder Kulturpessimismus, also der Gedanke, dass alles immer schlimmer wird. Wie passt dieser Widerspruch - Optimismus für unser eigenes Leben, Pessimismus für die Gesellschaft - zusammen? Sollten wir unsere Mitmenschen nicht genauso positiv sehen wie uns? Und: Kann Optimismus auch schädlich sein?